Wie ein Schweinehirt eine Armee vertrieb
Schiffe auf der Fulda und ein Schweinehirt, der eine Armee vertreibt. Das gehört wohl in das Reich der Sagen. Oder etwa nicht? Und was hat das alles mit Fraurombach zu tun?
Tatsächlich sind die Schiffe auf der Fulda historisch belegt, von dem Sauhirten dagegen handelt eine Sage. Aber fangen wir vorne an. Wir befinden in der Mitte des 18. Jahrhunderts. Der Siebenjährige Krieg tobt in Deutschland und zieht unsere Gegend schwer in Mitleidenschaft. Das Schlitzerland gleicht einem riesigen Armeelager, teilweise ist von über 150 000 Soldaten die Rede, die sich dort aufhalten und von der Bevölkerung versorgt werden müssen! Missernten und Dürren machen den Menschen das Leben zusätzlich schwer, Nahrung ist knapp. 1761 fragt sich der Schlitzer Bierbrauer Weißbeck in seinem Tagebuch „wo nehmen wir Brot her in den Wüsten in dieser Kriegszeit, da man in einem oder zwei Tagen hundert Tausend Mann Soldaten bekam zu sehen.“ (1)
Um die Versorgung der Soldaten sicherzustellen, werden an der Fulda bei Fraurombach und Rimbach Schleusen gebaut. Im 28. September 1761 fahren dann tatsächlich zum ersten Mal Schiffe auf dem Fluss. Wie Weißbeck erzählt, geht es zu diesem feierlichen Anlass mit Musikanten und Waldhörnern lustig her, auch die Damen der gräflichen Familie sind zugegen.
Im Sommer 1762 wird Fraurombach kurzzeitig zum Hauptquartier der französischen Armee. Die Truppen lagern im Wald auf der Schilda bis nach Üllershausen. Im Fraurombacher Schulgebäude, wo die Befehlshaber sitzen, herrscht reges Treiben. Aber sie bleiben nicht lange… Völlig unerwartet und fluchtartig verlässt die französische Armee die Gegend. Eine Erklärung für dieses Verhalten ist bis heute nicht bekannt.
Oder doch? Wie man sich in Fraurombach erzählt, war es ein Sauhirt, der für die entscheidende Wendung sorgte: Wie schon seit Jahren trieb er auch an diesem Abend seine Schweine zurück ins Dorf, und wie schon seit Jahren kündigte er auch an diesem Abend seine Rückkehr mit einem lauten Stoß ins Horn an. Ließ dieses Geräusch die Franzosen Hals über Kopf flüchten, weil sie statt einer Herde Schweine eine gegnerische Armee erwarteten?
Der Siebenjährige Krieg blieb nicht ohne Spuren. Es schloss sich eine große Not an, Nahrungsmittel waren knapp und viele Schlitzerländer wanderten nach Russland aus, um dort ihr Glück zu suchen.
Wenn man ganz genau hinschaut, findet man auch heute noch Spuren, und zwar in den Flurnamen: Im Wald bei Queck gibt es ein „Lager“ und ein „Lazarett“, und der Platz in der Fraurombacher Gemarkung, den die französische Armee fluchtartig verließ, trägt noch heute den Namen „Franzosengehau“. Nach dem Sauhirten ist dagegen kein Waldstück benannt. Schade eigentlich.
(1) Zitiert nach: Sippel, Heinrich: Notizen aus der Reichsgrafschaft. Schlitz im Spiegel der Geschichte, Heft 22, Januar 1992.