Wie kam das Museum nach Fraurombach?
Im Jahr 1766 erbaut, war „Buisch Huss“ sicher der ganze Stolz seiner Bewohner. Gut zwei Jahrhunderte später sah die Zukunft für das stattliche Fachwerkhaus jedoch eher düster aus. Es war seit Anfang der 1980er Jahre nicht mehr bewohnt und die einst schmucke Fassade begann schließlich immer mehr traurige Blicke auf sich zu ziehen.
Wie konnte sich aus diesem „Sorgenkind“ der Dorferneuerung ein so attraktives Museum entwickeln?
Alles begann mit einer Veröffentlichung des Landesamtes für Denkmalpflege Hessen über „Dörfer in Hessen“. Exemplarisch für unsere Region wurden dort auch einige Schlitzerländer Höfe ausführlich vorgestellt. Dieses Buch erregte die Aufmerksamkeit eines Redakteurs des Schlitzer Boten, der sich in einem Bericht wiederum den vorgestellten Häusern widmete. Darunter war auch „Buisch ahl Huss“ in Fraurombach, das sich Hans Feick, der Schwager des Eigentümers, daraufhin eingehend anschaute. Sein Interesse an diesem Gebäude war wieder erwacht, denn es war das Elternhaus seiner Frau, in dem er selbst einige Jahre gelebt hatte. Er begann zu überlegen, wie man diesem Haus wieder zu seinem alten Glanz verhelfen könnte. Und spätestens als er dort einen alten Handwebstuhl entdeckte, war es um den Webermeister im Ruhestand endgültig geschehen.
Rückblickend betrachtet ging nun alles sehr schnell: der Zeitungsartikel war am 21. August 2000 erschienen, die Ortsbegehung fand bereits einen Tag später statt – und schnell setzte sich Hans Feick einen engen Zeitrahmen: am 12. September wurde die Bewertungskommission des Landeswettbewerbs „Unser Dorf“ in Fraurombach erwartet. Bis dahin waren die Planungen schon fortgeschritten und die Renovierung des Gebäudes bereits im Gange.
Mit viel Energie widmete sich Hans Feick in den folgenden Jahren der Renovierung des Gebäudes und seiner Umgestaltung zum Museum. Die Kosten der Renovierung wurden zu einem beträchtlichen Teil vom Eigentümer des Hauses, Kurt Fischer, mitgetragen, aber auch das Landesdenkmalamt, die Stadt Schlitz, die Volksbank Lauterbach-Schlitz und der Ortsbeirat Fraurombach unterstützten Hans Feick in seinem Ansinnen. Dazu kamen sehr viele vor allem materielle Spenden: viele Schlitzerländer entdeckten auf ihren Dachböden lange vergessene und vielleicht sogar unbekannte Gegenstände, Möbel und Geräte, die sie dem Museum zur Verfügung stellten. Nachdem die erste Staubschicht entfernt war, kamen hier ungeahnte Schätze zum Vorschein, die restauriert oder mit neuem Anstrich versehen wurden und jetzt im Museum wieder eine sinnvolle Verwendung finden.
Heute, mehr als zehn Jahre nach der Eröffnung, ist Hans Feick immer noch von den vielen persönlichen Rückmeldungen und Gesprächen beeindruckt, die sich bei Führungen ergeben. Bei vielen Besuchern werden ganz unerwartet eigene Erinnerungen und Erlebnisse wach, an das Spinnrad der Uroma, an die heimelige Wärme des Kohleherds in der Küche der Kindheit, oder an das „Ding“, das man immer neugierig auf dem Dachboden betrachtet hatte und von dem man nun endlich weiß, wofür es einmal gut war…
Wie kommt das Haus zu seinem Namen? – „Buisch ahl Huss“ und seine Geschichte
„Buisch ahl Huss“ – das klingt für Besucher von außerhalb erstmal befremdlich. Fragt man nach der Bedeutung dieses Namens, stößt man unweigerlich auf die Geschichte der Familie, die das Haus über Generationen bewohnt hat, und auf die Geschichte der Schlitzerländer Dörfer selbst.
Manche „Uuswärtiche“ (Auswärtige, Fremde) werden sich wohl fragen, warum ein Haus überhaupt einen Namen hat. In den ländlichen Gebieten wurden Hausnamen über Jahrhunderte genutzt, um eine Familie, deren Hof und ihren gesamten Besitz zu bezeichnen. Als es noch keine Hausnummern gab, nutzte man die Hausnamen um ein Anwesen eindeutig zu bezeichnen.
Einige Schlitzerländer Höfe tragen, genau wie „Buisch ahl Huss“ das Wort „Bauer“ im Namen. Da kann man sich schon fragen, welchen Sinn diese Bezeichnung hat: War denn damals nicht fast jeder im Dorf Bauer?
Sicher, der Einwand leuchtet ein. Die Schlitzer Heimatforscherin Christine Fischer bringt dafür aber eine ebenso einleuchtende Erklärung: Diese „Buhrsch“, „Buisch“ oder z. B. auch „Naubuhrsch“ (Neubauers) oder "Gaansbuhrsch" (Ganzbauers) genannten Höfe blieben in der Epoche der Hofteilungen um das Jahr 1700 ungeteilt. Wenn überall die Zahl der „halben Bauern“ anwuchs, war es verständlich, dass man einen „ganzen“ Bauernhof als Besonderheit hervorheben wollte. Dazu kamen im Mittelalter, dessen Gegebenheiten sich häufig noch auf die Entstehung der Hausnamen um 1700 auswirkten, weitere Besonderheiten: Der Buisch-Hof in Fraurombach besaß eigenen Wald, war also in dieser Hinsicht von der Grundherrschaft unabhängig, und hatte das Recht, in Kriegszeiten einen Reisigen (Söldner) zu stellen, sodass kein Familienangehöriger Kriegsdienste verrichten musste. All diese Eigenheiten sprechen dafür, dass „Buisch“ zu den wohlhabenderen Familien des Schlitzerlandes gehörten.
Wer das Haus ansieht, mag das wohl glauben: denn wer kurz nach dem Ende des Siebenjährigen Krieges, der in der Region massive Schäden hinterlassen hatte, ein so stattliches Haus bauen konnte, war sicher kein armer Schlucker. Es gibt keine Nachweise darüber, aber man kann davon ausgehen, dass die Arbeiter, die das Haus errichteten, dieses Werk als Gegenleistung für Kost und Logis erbrachten. Christoffel Dickert, der das Haus 1766 errichten ließ, war also offensichtlich in dieser sonst von Hunger geprägten Nachkriegszeit recht gut aufgestellt gewesen.
Der Familienname des Hofinhabers wechselte in den folgenden Generationen öfter, der Hausname „Buisch“ dagegen ist bis heute in der Fraurombacher Dorfmitte bestehen geblieben. Mehr als zweihundert Jahre nach seinem Bau sollte das Haus Ende der 1970er Jahre einen Schritt in die Moderne gehen, mit zeitgemäßer Wärmedämmung, größeren Fenstern und anderen Veränderungen. Als das Denkmalamt diese Pläne zunichtemachte, begannen „Buisch“ mit dem Neubau direkt nebenan. „Buisch Huss“ stand unbewohnt als „Buisch ahl Huss“ neben seinem neuen Nachbarn und begann im Laufe der Jahre zu verfallen. Aber zum Glück wurde es mit Beginn des neuen Jahrtausends aus seinem Dornröschenschlaf geweckt. Wie es dazu kam, wissen Sie ja schon.