Des Lehrers Los
Über die Jugend von heute wurde ja schon früher geschimpft. Besonders die Lehrer hatten es nicht immer leicht mit den jungen Leuten – oder war es umgekehrt? Der Brief eines Schlitzer Pfarrers aus dem Jahr 1680 zeigt, dass es im Dorf noch ganz andere, unerwartete Faktoren gab, die dem Lehrer zu schaffen machten.
„Hochwürdiger, reichsfrei- und wohlgeborener Herr Erbmarschall, hoch zu ehrender Herr Collator.
Vorweisens dieses Schulbediensten zu Rombach [= was die Situation des Lehrers angeht] so besteht sie vornehmlich in der schlechten Accomodation [räumlichen Situation] des Hauses, welches sowohl für die Jugend zu lehren als auch ihm zu wohnen viel zu eng fallen will. Zwischen ihm und seinem Nachbarn, dem Hirten, geht ein tägliches Gezänk vor, welches längst zu enden sich Ew. Hochwohlg. äußerst angenommen (hat), auch bereits wirklichen Befehl (hat) ergehen lassen, dass die Bauern ein anderes Hirtenhaus sollten verschaffen. Sie sind aber so refractarisch [widerspenstig], dass sie nicht parieren wollen, wobei sie teils ihre bekannte Armut vorschützen, teils die Ermangelung eines Platzes. Wiewohl sie neulicher Zeit einen Vorschlag getan (haben), den Hirten in ein des Herrn Oberamtmanns von Görtz gehöriges Häuslein zu verschaffen, ist (dies) aber verboten und einem Bauern übergeben worden. Also wissen sie nicht, wo sie mit ihm hinsollen. Des Schulmeisters Wohlfahrt zu hindern, vermag ich nicht, für die Kirche wäre es wohl besser, wenn er bliebe und (deshalb) sehe ich seiner Mutation [Veränderung] nicht gerne, kann es aber unter den gegebenen Umständen nicht hemmen. Gegen den Velten Briken hat bereits die Gemeinde Rombach protestiert und wollen ihn nicht haben. Es komme aber hin, wer da wolle, so bleibt das Gezänk zwischen Schulmeister und Hirten perpetuierlich [andauernd] und dürfte genauso ein Ärger werden, wie es der erste gewesen ist. Die Gemeinde achtet’s eben nicht hoch dieses sein Valdicere [dass er seinen Abschied nimmt] aus gewissen Ursachen. Was nun für ein Ausweg hierin der Kirche und der Schule zum Besten getroffen werden mag, steht zu Ew. Hochw. Gn. Disposition [Entscheidung]. Gottes Schutz überlassend verharre (ich) Ew. Hochw. Gn. gebetsschuldigster Diener so lang als Gott will, F. Rüdiger, Pf. zu Schlitz.“ (1)
Der Lehrer Johann Deichmann, um den es in diesem Brief geht, war danach noch 18 Jahre in Fraurombach tätig. Ein geeignetes Schulhaus bekam er jedoch nicht mehr zu sehen, das wurde erst 1741 an der Linde gebaut. 1910 wurde es von dem neuen Schulgebäude am westlichen Ortsausgang abgelöst, in dem sich heute das Dorfgemeinschaftshaus befindet. Wo das Haus von damals stand und was aus dem „Gezänk“ mit dem Hirten wurde, ist nicht bekannt.
(1) Zitiert nach: Magistrat der Stadt Schlitz (Hrsg.), Puhtz, Volker, Braungart, Jürgen u. a.: 1200 Jahre Schlitz. Festschrift zum 1200-jährigen Jubiläum der Stadt Schlitz und ihrer Stadtkirche, Schlitz 2011.